Die Bewegung von Elektronen könnten einen deutlich größeren Einfluss auf spintronische Effekte haben als bislang angenommen, so eine neue Studie. Bei der Berechnung dieser Effekte wurde bislang vor allem der Spin der Elektronen berücksichtigt. Dies hat nun ein internationales Forscherteam unter Leitung von Physikern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) herausgefunden. Dabei wurde vor allem der Spin der Elektronen berücksichtigt. Die Studie ist im Fachjournal „Physical Review Research“ erschienen und bietet einen neuen Ansatz bei der Entwicklung spintronischer Bauelemente.
Viele technische Geräte basieren heute auf konventioneller Halbleiterelektronik, bei der Ladeströme genutzt werden, um Informationen in diesen Bauteilen zu speichern und zu verarbeiten. Der große Nachteil dieser konventionellen Methode ist jedoch, dass durch die vom Strom erzeugte Wärme viel Energie verloren geht. Um diesem Problem zu begegnen, macht sich die Spintronik eine fundamentale Eigenschaft der Elektronen zunutze, den sogenannten Eigendrehimpuls, den man sich wie eine Drehbewegung eines Elektrons um die eigene Achse vorstellen kann, erklärt Dr. Annika Johansson, Physikerin von der MLU. Mit dem Spin ist ein magnetisches Moment verknüpft, das auch zum Laden der Elektronen in einer neuen Generation schnellerer und energieeffizienterer Bauteile genutzt werden könnte. Dafür ist eine effiziente Umwandlung zwischen Ladungen und Spinströmen notwendig. Möglich wird diese Umwandlung durch den Edelsteineffekt. Dem Edelsteineffekt zufolge wird durch Anlegen eines elektrischen Felds in einem ursprünglich nicht magnetischen Material ein Ladestrom erzeugt. Der Ladestrom führt dazu, dass sich der Elektronenspin ausrichtet und das Material magnetisiert wird. „Der Effekt konzentriert sich in erster Linie darauf, wie der Elektronenspin zur Magnetisierung beiträgt, aber Elektronen können auch ein Bahnmoment tragen, das ebenfalls zur Magnetisierung beiträgt. „Wenn der Spin die Rotation des Elektrons um seine eigene Achse ist, dann ist das Bahnmoment die Bewegung um den Atomkern“, sagt Johansson. Dies ist ähnlich wie bei der Erde, die sich sowohl um ihre eigene Achse als auch um die Sonne dreht. Das Bahnmoment erzeugt also auch ein magnetisches Moment.
In ihrer neuen Studie haben die Forscher mithilfe von Simulationen die Schnittstelle zwischen zwei Oxidmaterialien untersucht, die häufig in der Spintronik verwendet werden. Obwohl beide Materialien Isolatoren sind, befindet sich an ihrer Schnittstelle ein Metall-Elektronen-Gas, das für seine effiziente Umwandlung von Ladung in Spin bekannt ist. Bei der Berechnung des Edelsteineffekts berücksichtigte das Team auch das Bahnmoment und stellte fest, dass das Bahnmoment mehr zum Edelsteineffekt beiträgt als der Spin. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Effizienz von Spintronik-Komponenten zu steigern.